Aus der Praxis : Behandlung der Diphtherie mit Quecksilbercyanid / von C.E. [sic] Rothe.

  • Rothe, Carl Gustav.
Date:
1881
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Credit: Aus der Praxis : Behandlung der Diphtherie mit Quecksilbercyanid / von C.E. [sic] Rothe. Source: Wellcome Collection.

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    auf die Uvularänder, wo er noch vier Tage sich stets wieder erneuerte. Das Eiweiss schwand, Appetit und Munterkeit kehrten zurück, so dass Pat. am 9. in ihre Ileimalh entlassen werden konnte, nachdem die drei letzten Tage völlig fieberlos verlaufen waren. Bemerkt sei noch, dass am 3, und 5, Tage auf der rechten Thoraxhälfte eine handgrosse lebhafte Röthung der Haut erschien, die wieder verschwand, ohne dass Ab- schuppung zu bemerken war, Scharlach exislirte zur Zeit nicht in der Stadt und Umgegend. Wenige Tage nach ihrer Heimkehr entwickelte sich, wie mir mitgetheilt wurde, eine Phlegmone am Halse dicht über dem Sternum, wegen dessen sie noch einige Tage in die Volkmanu- sche Privatklinik in Halle kam, sowie nachträgliche Lähmung des Gau- mensegels. Das hohe, anhaltende Fieber, namentlich die Pulsfrequenz, die starke ödematöse Anschwellung, die Hinfälligkeit und Schlafsuclit, Albuminurie sprachen gewiss unverkennbar für eine ziemlich heftige Infection, an der ich vom ersten Tage an nicht zweifelte. Gleichwohl trat der Belag erst am 6. Tage auf und zwar, nachdem Tags vorher die Arznei ausgesetzt worden war. Die entschiedene Wendung trat ein, sobald die Arznei ganz regelmässig stündlich wiederholt wurde, was vorher der Schlaf- sucht wegen zum Theil versäumt worden war. Diese ganze Beobachtung beweist nun vorläufig weiter nichts, als dass einige dreissig nacheinander mit Quecksilber behandelte Fälle sämml- lich genasen, keineswegs aber, dass die Genesung nothwendig im Causal- nexus mit der Medication stand. Um dies festzustelleu, sind viel grössere, hunderte von Fällen umfassende Beohachtungsreihen erforderlich. Sollten letztere ein positives Resultat ergehen, so würde die Wirkung des Queck- silbers noch keineswegs als eine „specifische“ in dem Sinne zu be- trachten sein, dass durch sie der InfectionsstolT im Blute vernichtet oder eliminirt würde, sondern man müsste sie auf die Reizung der Speichel- und Schleimdrüsen zurückführen, durch deren vermehrte, wä.sserige Secretion der örtliche Exsudationsprocess modificirt, das fibrinöse Exsudat verflüssigt und resorptionsfähig gemacht, dadurch gleichzeitig der septischen Auto- infection, der grössten Gefahr der Diphtherie, vorgeheugt und Zeit ge- wonnen wird für den normalen Verlauf des lufectionsfiehers. Die Wirkung des Cyanquecksilbers würde demnach mit der des Pilo- carpins, welches ebensowenig ein „Specificum“ ist, zu vergleichen sein, nur dass es (wenigstens in der von mir angewendeten Form) nicht von den unangenehmen und selbst gefährlichen Nebenwirkungen des letzteren begleitet ist. Ob es sicherer wirkt, als das letztere, und oh auch einige andere Quecksilherpräparate, insbesondere das Bi chlor id, dieselbe Wir- kung haben, müssen erst ausgedehntere Versuche entscheiden. Gewiss aber scheint es dieser Versuche werth zu sein. Druck von G. Reimer in Berlin.