Der endemische Kropf und seine Beziehungen zur Taubstummheit und zum Cretinismus / von Heinrich Bircher.

  • Bircher, Heinrich, 1850-
Date:
1883
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Credit: Der endemische Kropf und seine Beziehungen zur Taubstummheit und zum Cretinismus / von Heinrich Bircher. Source: Wellcome Collection.

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    Als eine chronische Infectionskrankheit, wenn auch nicht im Sinne unserer heutigen Pathologie, wurde schon vor Jahrhunderten der endemisch auftretende Kropf betrachtet. Man suchte das Miasma desselben besonders im Trinkwasser und beschuldigte nach einander die verschiedensten unorganischen und organischen Quellbestandfheile. In diesem Jahrhundert nun machte man auch die interessante Beobachtung, dass der Kropf und ebenso der mit ihm in enger Beziehung stehende Cretinismus auf gewissen geologischen Formationen heimisch ist, andere dagegen verschont; besonders glaubte man, dass gebirgige Gegenden und die cältern Erd- formationen bis zum Jura hinauf demselben günstig seien. Allein wie die Ansichten in Betreff des schädlichen Agens sich oft ganz diametral gegenüber standen, so ge- schah es auch in Hinsicht auf die Verbreitung, so dass das Schlussresultat aller bisherigen Beobachtungen, wie es Lücke x) zusammenfasst, dahin geht, es sei der endemische Kropf eine Krankheit, zu deren Entwicklung ein Miasma nöthig sei, das auf einem bestimmten Boden gedeiht; Boden und Miasma blieben unbekannt. Von der Ansicht ausgehend, dass zuerst der Boden eruirt werden müsse, bevor man das Miasma erforschen kann, begann ich vor 5 Jahren meine Untersuchungen über die Verbreitung des Kropfes in meinem Vaterlande. Die Schweiz ist ein für diese Untersuchungen sehr günstiges Gebiet, Schon vor Jahrhunderten sind Endemien von Kropf und Cretinismus in derselben beobachtet worden und dass sie noch fortexistiren, beweisen neuere Arbeiten über kleinere oder grössere Bezirke, die tägliche Erfahrung in der Praxis und die Resultate der Rekrutirung, welche zeigen, dass jährlich wegen Kropf über 1500, in den letzten Jahren über 2000 Rekruten dienstuntauglich befunden und von der eingetheilten Mannschaft mehr als 400 entlassen worden sind. Aber ebenso ist unser Land auch geeignet für die Lösung der Frage, ob die geologische Bodenbeschaffenheit mit diesen Krank- heiten in Beziehungen stehe und in welchen. Es weist in engem Rahmen sehr viele Formationen auf und Dank unsern Geologen und unsern Behörden besitzen wir vorzügliche geologische Karten. Ich erfreute mich bei meiner Arbeit vielseitiger Unterstützung und er- fülle hiermit nur eine Pflicht, wenn ich allseitig meinen Dank ausspreche. Er gebührt dem jüngst verstorbenen, aargauischen Erziehungsdirector Dr. Augustin Keller und der betheiligten Lehrerschaft, den kantonalen Militärdirectionen und Herrn Oberfeldarzt Dr. Ziegler, den Directionen der Taubstummenanstalten, den Herren Geologen Prof. Isidor Bachmann und Dr. Carl Meier, sowie Herrn Walter Minnich von Baden, Schüler unseres Gymnasiums, für die Mithülfe bei den mi- croscopisehen Arbeiten. Zu besonderem Danke bin ich der Tit. aargauischen *) pag. 49.