Lehrbuch der gerichtlichen Medicin. Zur Grundlage bei academischen Vorlesungen und zum Gebrauch für gerichtliche Aerzte und Rechtsgelehrte / [Eduard Caspar Jakob von Siebold].

  • Siebold, Eduard Caspar Jacob von, 1801-1861
Date:
1847
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Credit: Lehrbuch der gerichtlichen Medicin. Zur Grundlage bei academischen Vorlesungen und zum Gebrauch für gerichtliche Aerzte und Rechtsgelehrte / [Eduard Caspar Jakob von Siebold]. Source: Wellcome Collection.

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    von neuem zu prüfen, ja selbst zu ändern nach dem Standpunkte der einzelnen mcdicinischen Fächer, welche der gerichtlichen Me- dicin ihre Früchte darbieten. Nie kann daher diese letzte Wis¬ senschaft als eine geschlossene angesehen werden: jede neue Ent¬ deckung in der Medicin seihst hat auf sie Einflufs, und kann die bestehenden forensischen Lehren ändern. Da indessen im Verlaufe der Zeit letztere in einem systematischen Lehrgebäude zusammen¬ gestellt wurden, welches auf die Bedürfnisse der Rechtspflege errichtet ward: so ist allerdings den Aerzten die Bearbeitung der gerichtlichen Medicin erleichtert, indem sie genau mit den Anfor¬ derungen bekannt sind, welche von Seiten der Rechtsgelehrten an sie stattfinden. Anrn. Oft kann die Entscheidung der Frage, ob diese oder jene Lehre geeignet sei, in die gerichtliche Medicin mit aufgenommen zu werden, für den Arzt einen Probirstein der unabweislichen Richtigkeit derselben ab¬ geben. Eine solche Lehre kann nur dann als gereift angesehen werden, wenn der Arzt die Resultate seiner neuen Erfahrungen oder Entdeckungen auf die an ihn gerichtete Rechtsfrage über dieselben Gegenstände anwenden kann. §• 8. Der Ursprung der gerichtlichen Medicin ist keines¬ wegs ein sehr alter: allmälig hat sich dieselbe aus der Anwen¬ dung medicinischer Kenntnisse und Erörterungen auf das Recht herausgebildet, und ihr erster Anfang hängt genau mit der Zeit des zuerst fühlbar gewordenen Bedürfnisses nach Unterstützung von Seiten der Aerzte für das Recht zusammen. Von den Aerzten selbst konnte begreiflicher Weise die Entstehung der Medicina fo rensis nicht ausgehen: nur erst auf Verlangen der Rechtsgelehrten leisteten sie diesen die nöthige Beihülfe, und fassten nach und nach diejenigen Lehrsätze aus ihrer Wissenschaft zusammen, welche in zweifelhaften Rechtsfällen als Erläuterung dienen konnten. Als entscheidend für das erste Auftreten der gerichtlichen Medicin mufs aber die von Kaiser Carl V. im Jahre 1532 bekannt gemachte Hals- und peinliche Gerichts-Ordnung, Constitutio criminalis Ca¬ rolina, angesehen werden, indem in dieser ausdrücklich verordnet wurde, dafs in manchen Fällen das Urtheil sachverständiger Aerzte, Wundärzte und Hebammen zur weitern richterlichen Entscheidung unumgänglich nothwendig sei. Ein zu gewinnender Ueberblick der