Handbuch der historisch-geographischen Pathologie / bearbeitet von Dr. August Hirsch.

  • Hirsch, August, 1817-1894.
Date:
1859
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Credit: Handbuch der historisch-geographischen Pathologie / bearbeitet von Dr. August Hirsch. Source: Wellcome Collection.

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    fangenen Prüfung der von ihnen mitgetheilten Beobachtungen jene Ansicht nicht theilen, ich kann mich von einer Identität der von ihnen beschrie- benen Krankheit mit Meningitis cerebro-spinalis nicht überzeugen; anders dagegen verhält es sich mit dem Berichte, welchen Rinecker (I. c.) über die im Juni 1851 in Wiirzburg, und zwar sowohl im Spitale als in der Stadt beobachteten Fälle von Meningitis cerebro-spinalis mitgetheilt hat; hier treffen wir auf das charakteristische Krankheitsbild, und man wird dieselben um so mehr der uns beschäftigenden Krankheit zuzuzählen be- rechtigt sein, wenn man sich davon überzeugt, dass jene Fälle nicht etwa als sporadisch auftretende zu betrachten sind, sondern dass sie, wie Ri- neker nach weiset, als die Ausdrücke einer epidemischen Krankheilscon- stitution angesehen werden müssen *). Hier endet die Geschichte dieser eigenthiimlichen Krankheit, die allen Aerzten, denen sie zur Beobachtung kam, ebenso interessant und überra- schend in ihrer Gestaltung, als dunkel in ihrer Genesis erschienen ist, und deren ursächliche Momente so weit als möglich zu eruiren, hier daher eine besonders dringende Aufgabe erscheint. §. 328. So lange Meningitis epidemica ausschliesslich in ihrem Vorkom- men in Frankreich, Italien und Algier bekannt war, konnte die damals und später auch von Drake nach den in den südlichen Vereinsstaaten gemach- ten Erfahrungen ausgesprochene Ansicht einige Geltung beanspruchen, wonach das Vorherrschen der Krankheit an gewisse klimatische Ver- hältnisse, an mittlere Breiten, gebunden sein sollte, eine Ansicht, an welche sich kühne Hypothesen über den Einfluss von Witterungsverhältnissen auf die Pathogenese knüpften; heule liegt die Frage allerdings ganz anders, und es bedarf in der That wohl nur eines Blickes auf die Verbreitung, welche die Krankheit innerhalb des letzten Decenniums erlangt hat, um jene Theorie in das Land der Träumereien zu verweisen. Wir finden Me- ningitis cerebro-spinalis epidemica auf der östlichen Hemisphäre von den Abhängen des kleinen Atlas bis in Breiten von 60° N. und darüber, und auf der westlichen Hemisphäre von den Golfküsten der Vereinigten Staa- ten bis zu den Neu-England-Staaten verbreitet; wir finden die Krankheit überall, wo sie geherrscht hat, in derselben Gestaltung, mit nahe dersel- ben Mortalität und, worauf besonders aufmerksam gemacht werden muss, in der gleichen Abhängigkeit von gewissen jahreszeitlichen Einflüssen, so dass man billiger Weise ferner wohl von jedem Versuche, die Pathogenese in ein gewisses kausales Verhällniss zu klimatischen Verhältnissen zu brin- gen, Abstand nehmen wird. In den tropischen Breiten ist die Krankheit, bis jetzt nicht beobachtet worden; wir müssen, bevor hieraus einen Schluss zu ziehen gestaltet ist, den weiteren Verlauf der Dinge abwarten. §. 329. Eines der constanteslen Momente in dem Vorkommen von Meningitis epidemica ist das an gewisse Jahreszeiten, und zwar fast ausschliesslich an die Winter- und Frühlingsmonate gebundene Vorherr- l) Zur Zeit, als ich diese Mittheilungen für den Druck vorhereite, laufen aus verschiedenen Gegenden Preussens Nachrichten über das hier jedenfalls, so viel man weiss, zum ersten Male beobachtete Vorherrschen von Meningitis cerebro-spinalis epidemica ein; die Krank- heit scheint ziemlich gleichzeitig — im Antange dieses Winters (1864) — in Berlin (und zwar sowohl in der Garnison, wie in der Civilbevölkerung), in Stettin, Bromberg und in Schlesien (in den zuletzt genannten Gegenden in der Civilbevölkerung) auigetreteu zu sein, und hat, so viel ich bis jetzt weiss, namentlich in Stettin und Broinberg eine ver hältnissmässig bedeutende Verbreitung erlangt; über die in der Berliner Garnison beob- achtete Epidemie liegt ein Bericht von Frentzel (in Berliner klin. Wochenschrift 1864, No. 21. 22) vor.