Zur Symptomatologie und Therapie der Basedowschen Krankheit : Vortrag in der Gesellschaft für Heilkunde am 15. November 1888 / von Prof. Eulenburg.

  • Eulenburg, Albert, 1840-1917.
Date:
1889
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Credit: Zur Symptomatologie und Therapie der Basedowschen Krankheit : Vortrag in der Gesellschaft für Heilkunde am 15. November 1888 / von Prof. Eulenburg. Source: Wellcome Collection.

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    canals. Wir glauben auf Grund unserer Erfahrungen berechtigt zu sein, den Satz aufzustellen, dass man nach der Intensität und vor allem nach der Dauer und Constanz der Farbenveränderung die Schwere des Leidens zu bemessen vermöge. Eine absolut in- fauste Prognose gestattet sie natürlich nicht, doch erreicht eine solche Vermuthung einen sehr hohen Grad von Wahrscheinlich- keit, wenn die Reaction sich während einiger Zeit constant er- hält, w’ährend Ernährung und Kräftezustand keine wesentliche Besserung zeigen. Jedenfalls bedürfen aber alle Fälle, in denen die Reaction sich zeigt, eine ganz besondere Berücksichtigung be- züglich sorgfältiger Ueberwachung des Darmcanals und nament- lich der Ernährung. In Fällen von Darmocclusion dürfte das Zeichen nach mehrtägigem Bestehen bestimmt sein, ein gewichtiges Moment bei der Abschätzung der therapeutischen Massnahmen zu bilden und selbst einen chirurgischen Eingriff nahezulegen, da wir wie schon erwähnt, noch keinen Fall einer sicheren Enterostenose, in dem es dauernd vorhanden war, einen gutartigen Verlauf haben nehmen sehen. — Bei reiner, nicht durch ein Darmleiden complicirter Peritonitis, auch bei tuberculöser Entzündung der Serosa fehlt die Reaction, ebenso bei Perityphlitis, welche ohne die bereits erwähnten Darmerscheinungen einhergeht, auch bei hartnäckiger Obstipation haben wir sie bis jetzt vermisst. Bei leichteren Magenleiden, selbst wenn sie mit Erbrechen einher- gehen, besteht keine Reaction, so lange der Darm intact ist, da- gegen findet sich in den späteren Stadien der Pyloruscarcinome das Zeichen, sobald Inanition eingetreten ist. Die Menge des gebildeten Farbstoffes ist ungefähr der Inten- sität des Processes proportional, doch nimmt die in ausgesprochenen Fällen schon frühzeitig sehr ausgeprägte Verfärbung, nachdem sie eine gewisse Stärke erreicht hat, nicht mehr wesentlich zu. — In den Fäces einiger eine ausgeprägte Reaction des Urins zeigender Kranken fand ®icli nach dem angegebenen Verfahren nur eine Andeutung der Reaction, doch müssen die Versuche in dieser Richtung noch fortgesetzt werden. Was die Natur des Farbstoffs, der sich, um es noch einmal zu betonon, vor den Produkten des Indols durch eine bei weitem schwierigere Bildung und eine grössere Resistenz gegen oxydirende Substanzen auszeichnet, — entsteht er doch erst durch längere Behandlung mit siedender Salpeter- oder Salzsäure — anlangt, so kann es sich natürlich nicht um Indigo handeln, da eben Indigblau unter der geschilderten Behandlung zerstört wird; es scheint auch Scatoi und seine Derivate nicht vorzuliegen; da- gegen dürfte nach unsern bisherigen Untersuchungen das Chro- mogen ein Product der Einwirkung der concentrirten Säure auf die Indolverbindungen und die phenolbildende Substanz des Urins — nach Analogie der Bildung der likrinsäure (also ein Nitro- product des Phenols und Indols), — sein, und man müsste die blaurothe Componente der Färbung auf Indol-, die braunrothe auf Phenolderivate beziehen. — In wieweit der uns hier be- schäftigende Farbstoff Beziehungen hat zu dem schönen, roth- violetten Chromatin, welches wir in Fällen beträchtlicher Gastr- ectasie beobachtet haben (Volkmann’s Sammlung klinischer Vorträge, No. 153) lässt sich noch nicht entscheiden; doch mag hervorgehoben werden, dass die Farbennuance im letzterwähnten Falle eine bei weitem hellere und der Farbstoff viel schneller zerstörbar ist. Es erübrigt nun noch mit einigen Worten das Verhältniss unserer Reaction zu der bekannten Indigoreaction, mit welcher sie jedenfalls nahe Beziehungen hat, zu erörtern. Schon aus dem, was wir eben über die Natur des rothen Farbstoffes sagten, geht hervor, dass die Bedingungen, unter welchen eine vermehrte Indigobildung stattfindet, nahezu dieselben sind, wie diejenigen, welche zur Entwickelung der Muttersubstanz des rothen Farb- stoffes Veranlassung geben; nur glauben wir, dass unsei’e Reaction, an welcher neben den Indigobildnern auch die Phenolbildner betheiligt sind, höhere oder die höchsten Grade derjenigen Stoff- wechselveränderung zum Ausdrucke bringt, welche mit einer Vermehrung der Indolderivate schon in ihren ersten Stadien de- butirt. Während die Indigoreaction, wie die Untersuchungen von Jaffe, Senator u. A. gelehrt haben, bei einer grossen Reihe von lokalen und allgemeinen Processen zur Beobachtung kommt, scheint unsere Reaction, wenn sie constant in voller Schärfe, d. h. mit blaurother Nuance und blaurothem Schüttel- schaume auftritt, — Zeichen der Indol- und Phenol Vermeh- rung, — ausschliesslich als Symptom der schwersten Ernährungs- störungen, welche die Folge von Darmleiden sind, betrachtet werden zu müssen. III. Kami eine Uebertragnug der Tuberculose durch die Wobnräiime erfolgen? Von Dr. F\ Kngelinnnn in Kreuznach. Manchem Collegen wird wohl die Thatsache aufgefallen sein, dass in demselben Hause oder derselben Wohnung innerhalb kürzerer Zeit mehrfache Erkrankungen oder Todesfälle an Tuber- culose, entweder in derselben oder auch verschiedenen Familien sich ereignen. Da es sich in solchem Falle wohl ausschliesslich um hygienisch sehr ungünstig situirte Wohnräume handelt, die Betroffenen der ärmeren Classe angehören und die Schwindsucht eiue so allgemein verbreitete Krankheit ist, wird dieser That- sache wohl wenig Beachtung geschenkt. Es ist mir wenigstens nicht gelungen in der mir zugänglichen Literatur eine dahin gehende Beobachtung aufzufinden und in der Debatte Uber Lungen- schwindsucht, welche im Jahre 1883 auf dem Congresse für innere Medicin zu Wiesbaden stattfand, wurde der Sache mit keinem Worte Erwähnung gethan, während doch die Thatsache der directen Ansteckung als nun zweifellos wiederholt in den Vorder- grund gestellt wurde. Sollte nicht auch hier wie bei der letzteren Frage der Volksinstinct das Richtige getroffen haben, lange bevor die Wissenschaft dieselbe sanctionirte. In unserer Gegend wenigstens ist es ein weitverbreiteter Volksglaube, dass Schwind- sucht nicht allein direct von Person zu Person ansteckt, sondern auch, dass das Wohnen in Räumen, in welchen Schwindsuchts- kranke längere Zeit gelegen haben oder gestorben sind, gefähr- lich sei, so dass solche Wohnungen wenigstens kurze Zeit nach dem Ableben des früheren Inhabers nur sehr ungern bezogen werden. Nachdem ich der Sache eine Reihe von Jahren Aufmerk- samkeit gewidmet habe, bin ich zu der Ueberzeugung gekommen, dass dem Volksglauben unzweifelhaft Thatsachen zu Grunde liegen. Aus einer Reihe von Beobachtungen will ich hier ein besonders hervorstechendes und wie mir scheint beweisendes Bei- spiel eingehender mittheilen. Auf der hiesigen Glashütte, welche etwa 200 Arbeiter, zum grossen Theil verheirathete, beschäftigt, bin ich seit dem Jahre 1873 als Arzt thätig. Die grösste Zahl der Arbeiter wohnt in der Stadt oder Umgegend. Für einen Theil der Glasbläser ist auf der Hütte selbst, welche ausserhalb der Stadt von Feldern umgeben liegt, ein grösseres Arbeiterhaus errichtet. Die Lage desselben ist hygienisch günstig, es ist unterkellert, solid aus Bruchsteinen erbaut, überall trocken, nur die Eintheilung der Räume ist nicht günstig. Das Haus besteht aus zwei Abtheilungen, eine jede von drei Etagen; in der Mitte einer jeden Abthellung befindet sich der Corridor und die Treppe, so dass dieselbe wiederum in zwei Theile getrennt wird und so in jeder Etage je zwei Wohnungen gebildet werden, von denen jede drei ge-