Pestilentia in nummis : Geschichte der grossen Volkskrankheiten in numismatischen Documenten. Ein Beitrag zur Geschichte der Medicin und der Cultur / von L. Pfeiffer und C. Ruland.

Pfeiffer, L. (Ludwig), 1842-1921.

Date:: 1882

Credit: Pestilentia in nummis : Geschichte der grossen Volkskrankheiten in numismatischen Documenten. Ein Beitrag zur Geschichte der Medicin und der Cultur / von L. Pfeiffer und C. Ruland. Source: Wellcome Collection.

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$Schluss: dass durch Inanition mehr Menschen zu Grunde gingen, als durch die grossen Seuchenzüge. Dr. Cornish betont neben der excessiven Sterblichkeit, die hier nicht durch begleitende Typhusepidemieen hervorgerufen war, besonders die durch Aus- hungerung hervorgerufene specifische Diarrhoe und die Verän- derungen in den Zeugungsorganen. Die allgemeine Sterblichkeit stieg in Madras in dem Hnngerjahre 1877 von 19,7 auf 70,2 pro mille Einwohner, die Zahl der Geburten fiel 1877 auf 1\t des Durchschnittes, 1878 auf 11,9 °/o, d. h. 45 °/o unter dem Mittel der Jahre 1875 und 1876. Cornish schätzt den Be- völkerungsverlust bis Ende 1878 in der Präsidentschaft Madras bereits auf Va Million; wobei zu berücksichtigen ist, dass die Folgen der Hungersnoth nur sehr allmählig sich ausgleichen. Viele in den Hilfsstationen geborene Kinder waren so zu sagen in utero verhungert. Die bedeutende Abnahme der Geburtsziffer nach starker Hungersnoth erklärt Cornish aus der Atrophie der Genitalorgane bei den Frauen und dem Erlöschen der Zeu- gungskraft bei den Männern. Aus Schweden sind zuverlässige Zahlen für die Hungerjahre 1771—1775 vorhanden: vor 1771 betrug die Sterblichkeit im Durchschnitt 1 : 40 Lebende und stieg bis 1773 auf 1 : 19, also auf mehr als das Doppelte. Seit 1773 sind solche wirkliche Hungerjahre in den westlichen Culturstaaten nicht mehr vorge- kommen , was durch die bessere Bodenkultur, die bessere per- sönliche und staatliche Fürsorge, durch die Einführung der bes- seren Verkehrsverhältnisse zu erklären ist. Immerhin macht sich aber doch der Einfluss von theueren Jahren geltend, meist schon im Jahre der Theuerung selbst oder erst in dem darauffolgenden Jahre. Das sehr theuere Jahr 1855 brachte z. B. eine Vermeh- rung der Sterblichkeit gegen den Durchschnitt der Vorjahre in England um V20; in Frankreich um Vs; in Belgien um Ve; in Preussen um Vi und in Oesterreich um mehr als */s. Während in Indien z. B. eine jede Hungersnoth heute noch Millionen von Opfern fordert, beträgt die Schwankung der allgemeinen Sterbe- ziffer für die Jahre 1820—1860, nach billigen und theueren Jahren unterschieden, in Frankreich 812 339 : 828 447; in Eng- land 428 679 : 439 792 (nach Belä Weisz, Der Einfluss der theueren und billigen Zeiten auf die Sterblichkeit; Jena, 1880). 1*$