Ueber die Einwirkungen unserer Wundmittel auf den menschlichen Organismus und über ihre Leistungsfähigkeit : (aus dem Laboratorium der Dr. Lassar'schen Klinik in Berlin) / von Dr. Emil Senger in Crefeld.

  • Senger, Emil
Date:
[between 1890 and 1899?]
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Credit: Ueber die Einwirkungen unserer Wundmittel auf den menschlichen Organismus und über ihre Leistungsfähigkeit : (aus dem Laboratorium der Dr. Lassar'schen Klinik in Berlin) / von Dr. Emil Senger in Crefeld. Source: Wellcome Collection.

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    minderte sich, es trat blutiger Urin auf, kurzum, wir hatten hier eine Degeneration der Nierenepithelien durch das Antimycoticum mit blutigen Ergüssen in die Nierenwunde etc., wie sie oben ge¬ schildert ist, vor uns. An diesen möchte ich den von Herrn Director James Israel in der Berl. med. Ges. mitgetheilten, höchst lehrreichen Fall anschliessen, welcher fast ein Experiment am Menschen darstellt. Es handelt sich um eine Frau, der eine Nierenbeckenfistel angelegt war. Nachdem durch wiederholte chemische Analyse des Urins festgestellt war, dass die eine Niere (ohne Fistel) hinreichend Harnstoff ausschied, so dass die Frau mit dieser einen Niere hätte leben können, wurde auf Drängen der Pat. die kranke Niere exstirpirt. Die Höhle wurde mit Jodoformgaze tamponirt. Nach einigen Tagen stellten sich eigenthiimliche Erscheinungen ein, die an Urämie erinnerten, die Frau wurde benommen, es traten Krämpfe ein und obwohl die Jodoformgaze entfernt wurde, so starb die Patientin. Herr Dr. Israel gestattete mir, ein Stück der Niere zu untersuchen; dafür und für die Erlaubniss, dass ich diesen Fall und die beigefügte Zeich¬ nung veröffentlichen darf, sage ich ihm auch hier meinen Dank. Es sind in der Niere so gewaltige Zerstörungen der Epithelien, wie ich sie an meinen Thierexperimenten jetzt und früher gelegentlich meiner Jodoformarbeit1) nie¬ mals gesehen habe. Die Zeichnung zeigt, dass ganze Strecken von Epithel entblösst sind, dass Cylinder zahlreich die Canälchen verstopfen und die klein¬ zellige Infiltration sehr gering ist; der Process ist vielmehr, wie oben betont, eine acute Degeneration. Auffallend ist, dass in diesen beiden Fällen die Zerstörung der menschlichen Zellen weit heftiger war, als die der thierischen im Experiment. Dass man sogar bei geringeren Wunden tödtliche Intoxication nach unserer heutigen Wundbehandlung zu verzeichnen hat, lehrt ein Fall aus der Greifswalder Klinik2). Ein Kranker mit einer complicirten Oberschenkelfractur wurde in der Klinik von Helferich nach einem starken Blutverluste amputirt. Die Wunde wurde mit Sublimat 1 : 1000 mehrmals ausgespült. Der Tod trat am dritten Tage post operat. ein. Neben reichlicher Fettembolie der Lungen, welche nach heutigen Anschauungen nicht den Tod erklären, fand sich eine frische Diph¬ therie vom Colon abwärts bis zum Rectum, mit hämorrhagischen Schorfen, so dass kaum ein Zweifel bestehen kann, der Tod sei nur durch Sublimat erfolgt. *) Deutsche med. Wochenschrift. 1887. No. 4. 2) Grawitz, Ueber Dickdarmentzündung bei acuter Quecksilbervergiftung, Deutsche med. Wochenschrift. 1888. No. 3.