Beiträge zur histologischen Lokalisation der Grosshirnrinde / von K. Brodmann.

  • Brodmann, Korbinian, 1868-1918.
Date:
1903
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Credit: Beiträge zur histologischen Lokalisation der Grosshirnrinde / von K. Brodmann. Source: Wellcome Collection.

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    Was über die anatomisch histologische Abgrenzung' der „motorischen Region“ geschrieben wurde, ist nicht minder widerspruchsvoll wie die ge- schilderten physiologischen und klinischen Auffassungen. Den ersten Nachweis bestimmter cytohistologischer Struktureigentümlich- keiten der motorischen Region verdanken wir Betz (1874). Allerdings hatte bereits mehrere Jahre vorher Meynert1) auf gewisse Unterschiede im Rinden- bau mancher Windungen des menschlichen Gehirns, insbesondere des Occi- pitallappens aufmerksam gemacht, im allgemeinen hielt Meynert aber an seinem fünfschichtigen Grundtypus für die ganze menschliche Stirnrinde fest und über- trug denselben, was für uns wichtig ist, von der zweiten Stirnwindung, wo er ihn zuerst beschrieben hatte, ohne weiteres auf die ganze motorische Region. Dabei erwähnt er weder das Fehlen der Körnerformation (seiner vierten Schicht), noch auch das Vorkommen einer besonderen Zellart, der Riesenpyramiden, in der Regio Rolandica. Offenbar hat also Meynert die später allgemein an- erkannten histologischen Merkmale der „motorischen Region“ sensu strictiori ganz übersehen. Erst Betz stellte 1874 fest, daß beim Menschen die Großhirnrinde in zwei hinsichtlich ihres anatomischen Aufbaues scharf zu trennende und in der Hauptsache durch den Sulcus Rolando geschiedene Gebiete zerfalle, ein „vorderes motorisches“, in welchem große Pyramidenzellen, und ein „hinteres sensibles“, in welchem die Körnerschichten vorwalten. In seiner ersten Arbeit2) hatte Betz als „charakteristisch für das Gebiet um den Sulcus Rolando“ das Vorkommen ungewöhnlich großer Pyramidenzellen, der sogenannten ,,Neruenriesenzellen“ oder ,,Riesenpyramiden“ bezeichnet. Diese von ihm zuerst gesehene und genauer beschriebene motorische Zellart fand er außer in der vorderen und hinteren Centralwindung, namentlich auch in einem an der Medianfläche gelegenen umschriebenen Gebiete, das er als einen kon- stanten Lappen erkannte und als Lobulus paracentralis bezeichnete. In einer späteren zweiten Arbeit3) kam Betz zu einer genaueren Lokalisation des durch Riesenpyramiden ausgezeichneten Gebietes innerhalb der Regio Rolandica. Er verlegte diese Zellen jetzt nicht mehr ganz unbestimmt in „die Gegend um die Rolandische Furche“, sondern bestimmte die Grenzen ihres Vorkommens, in- dem er angab, daß sich die genannten Elemente nur in der vorderen Central- windung finden, von der oberen Grenze des unteren Drittels beginnend bis zum Lobulus paracentralis, sowie im oberen Teil der hinteren Centralwindung, da wo diese in den L. paracentralis übergeht. Ganz richtig hat Betz bereits auch gesehen, daß sie am reichlichsten und größten in letzterem selbst sind; nur mit Einschränkung dagegen ist richtig, daß sie überall die tiefsten Stellen ’) Th. Meynert. Allg. Wiener med. Zeitung 1868. XIII. Ferner: Der Bau der Großhirnrinde und seine örtlichen Verschiedenheiten, nebst einem patho- logisch-anatomischen Corollarium. Vierteljahrsschr. f. Psychiatrie 1872. Ferner: Stricker, Handbuch der Gewebelehre 1872. *) W. Betz, Anatomischer Nachweis zweier Gehirncentra. Centralblatt f. d. med. Wissen- schaften 1874. No. 37 u. 38. 3) W. Betz, Uber die feinere Struktur der Gehirnrinde des Menschen, Centralbl. f. d. med. Wissensch. 1881. No. ix, 12 u. 13.