Die traumatischen Neurosen, nach den in der Nervenklinik der Charité in den 8 Jahren 1883-1891 gesammelten Beobachtungen.

  • Oppenheim, Hermann, 1858-1919.
Date:
1892
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Credit: Die traumatischen Neurosen, nach den in der Nervenklinik der Charité in den 8 Jahren 1883-1891 gesammelten Beobachtungen. Source: Wellcome Collection.

Provider: This material has been provided by the Francis A. Countway Library of Medicine, through the Medical Heritage Library. The original may be consulted at the Francis A. Countway Library of Medicine, Harvard Medical School.

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    Beobachtaug XVI. Ursache: Schlag auf den Kopf durch einen 2 Centner schweren Hebel. Symptome: Angstzustände, in specie Platzangst, Schreckhaftigkeit und Gedächtnissschwäche. Anästhesie und sensorische Störungen. Eigenthümliche Gangart. Verlauf: Während der ersten Zeit Verschlimmerung, dann circa 2 Jahre stabiler Verlauf, darauf Besserung. W. Seh., 49 Jahre alt, Hammerschmied. Stammt aus gesunder Familie und ist bis zu seiner jetzigen Erkrankung im Wesentlichen gesund gewesen. Am 21, November 1882 erhielt er, als er beim Schmieden beschäftigt war, einen Schlag auf den Kopf mit einem 2 Centner schweren Hebel; er fiel sofort ohnmächtig zusammen. Die Kopfwunde heilte nach 6 Wochen. In kurzer Zeit entwickelte sich eine Reihe krankhafter Erscheinungen von Seiten des Nervensystems, die er so schildert: ,,Seit dem Unglück werde ich von Blut- andrang nach dem Kopfe, Schwindel, Flimmern vor den Augen, Ohrensausen und oft heftigem Kopfschmerz heimgesucht, auch bin ich häufig sehr aufgeregt. Ich leide an Kribbeln in Händen und Füssen sowie an Zuckungen. Seit meh- reren Wochen ist es mir so, als ob ich kein richtiges Gefühl unter den Füssen hätte. Ich bin ängstlich beim Auftreten und komme in Gefahr zu fallen, wenn ich nicht genau hinsehe, wohin ich gehe. Gehe ich über einen freien Platz, so befällt mich Angst und Schwindel, so dass ich oft die Vorübergehenden habe bitten müssen, mir das Geleite zu geben. Mein Gedächtniss hat sehr ge- litten, so dass ich mich oft auf die bekanntesten Namen, Personen und Er- eignisse nicht zu besinnen weiss. Beim Sprechen fehlt es mir oft an den ge- läufigsten Ausdrücken und verliere ich leicht den Zusammenhang meiner Rede. Das leiseste Geräusch —, wenn ein Gegenstand zur Erde fällt, erschreckt mich. Werde ich plötzlich zum Reden aufgefordert, so schrecke ich zusammen; ich fühle mich den Augenblick so beklommen, dass ich kein Wort herausbringen kann und mir wird dabei ganz wirr im Kopf. ... Es kommt mir vor, als ob der Boden unter mir immer schwankt. Beim Laufen muss ich stets den Boden fixiren, sehe ich einmal auf, so scheinen sich die Gegenstände um mich zu bewegen und mir wird dabei ängstlich und wirr. Status: Kräftig gebauter muskulöser Mann. Auf der hinteren Hälfte des rechten Os parietale eine etwa 4 Ctm. lange Narbe, deren Ränder stark gewulstet sind, unter derselben deutliche Knochen- depression; empfindlich auf Druck und Beklopfen. Gesichtsausdruck ängstlich und sonderbar starr. Im Wesen des Patienten drückt sich grosse Befangenheit aus. Redet man ihn an, so wird er unruhig, tastet mit den Händen umher und sammelt ein paar Worte. Er schreckt bei dem leisesten Geräusch zusammen. Fortdauernde Gemüthsverstiramung. Keinerlei Lähmungserscheinungen. Keine Contracturen. Sehnenphänomene normal, Sohlenreflex abgestumpft.