Medicin und Religion in ihren gegenseitigen Beziehungen : geschichtliche Untersuchungen / von Hugo Magnus.

  • Magnus, Hugo, 1842-1907.
Date:
1902
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Credit: Medicin und Religion in ihren gegenseitigen Beziehungen : geschichtliche Untersuchungen / von Hugo Magnus. Source: Wellcome Collection.

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    § 12. Das Christenthum und die Hygiene. Das junge Christenthum fand bei seinem Auftreten Zustände, welche einer gründlichen hygienischen Abhilfe dringend bedurften. Die für die antike Welt so charakteristische Freude am Leben hatte sich in eine wilde Freude am Genuss umgewandelt. Ihr huldigten Alle, ein Jeder wie es ihm seine Verhältnisse gestatteten. Gegen diese Ueberfülle des Genusses eiferte das Christenthum mit allen Kräften, allerdings zunächst nicht in hygienischer Absicht, als vielmehr aus rein religiösen Gründen. Der Christ sollte durch die irdischen Dinge, vornehmlich durch den Genuss, sich nicht von Gott abziehen lassen; das war der nächste Grund, welcher das Christenthum zum Kampf gegen die Schlemmerei und Völlerei veranlasst hatte. Doch aus welchen Gründen das Christenthum den Feldzug wider den übertriebenen und darum ungesunden Lebens- genuss aufgenommen hatte, ist für den Arzt gegenüber der That- sache, dass es diesen Kampf begonnen und mit Energie geführt hat, natürlich völlig gleichgültig. Bei diesen Bestrebungen, seine Anhänger an eine bescheidene und rationelle Lebensführung zu ge- wöhnen, verfuhr das Christenthum nun in sehr gründlicher Weise. Alle Verhältnisse, unter denen sich das tägliche Leben abspielt, wurden einer eingehenden Revision unterzogen und den Christen für alle möglichen Lebensfälle die erforderlichen Vorschriften ge- geben. Besonders that dies Clemens von Alexandiien (2. Jahrhundert) in seinem Pädagogus in der ausführlichsten Weise. Auch die anderen Kirchenväter, wie Hieronymus (3. Jahr- hundert), Novatian (3. Jahrhundert) u. A. geben entsprechende Vorschriften. Hier können wir natürlich nur auf die rem medi- cinischen Verhältnisse Bezug nehmen, während wir die gegen den Luxus in Kleidern, Wohnung, Möbeln, Schmucksachen gerichteten Bemerkungen übergehen müssen. Zuvörderst wollen wir die Vorschriften betrachten, welche die Kirchenväter hinsichtlich der Nahrungsaufnahme gemacht haben. Im ersten Capitel des zweiten Buches seines Pädagogus geht Clemens in umfassendster Weise auf das Essen und die Speisen ein. Er vertritt die Ansicht, dass man nur essen solle, um den Körper zu erhalten, nicht aber aus Wohlgeschmack. Denn die Lust an guten Speisen beherrsche schliesslich den Menschen so, dass er im Essen allein den Zweck des Lebens erblicke; wie