Die Krankheiten der weiblichen Harnröhre und Blase / von F. Winckel.

  • Winckel, F. (Franz), 1837-1912.
Date:
1885
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die Krankheiten der weiblichen Harnröhre und Blase / von F. Winckel. Source: Wellcome Collection.

    135/272 (page 99)
    reibungen von narkotischen Salben (1,5 Extr. opii : 25,0 Vaselm), Linimente (Ol. hyoscyami 5, Cliloroformii 1) und innerlich durch Mandelmich, Emulsionen mit Extr. hyoscyami (1,5 : 150,0) mit Tinctura thebaica; ferner per rectum durch Apphcation von Lavements mit 5—10—20 Tropfen Opiumtinctur, oder durch Einschieben von Supposi- torien mit Extr. belladonnae 0,2 und OL Cacao 2,0 1—2 Mal täglich bekämpfen. Diese Mittel genügen meist, so lange der Urin klar und die Blasenschleimhaut nicht nachweislich afficirt ist. Ist das letztere der Fall, so muss man den von dieser ausgehenden Reiz zum Drängen und Pressen durch Injectionen mit schwachen Lösungen von Höllen- stein (1—2—5 : 500), oder Sahcylsäure (1 : 1000), oder schleimigen Mitteln, wie Milch, Leinsamenthee, Hafer-, Althäaschleim vermindern und beseitigen. Sobald die Dislocation der Blase indess eingetreten ist, wird man zuerst an die Reposition zu denken haben. Diese kann man bei erheblicher Grösse der Greschwulst, z. B. Wallnussgrösse, mit dem Zeige- oder kleinen Finger versuchen, da die Harnröhre so weit ist, dass jener meist einzudringen vermag. Bei kleineren Tumoren nimmt man einen nicht zu dünnen, wohl eingeölten Catheter, drückt die vorgetretene Partie mit den Fingern erst zusammen, schiebt sie bis in das Orificium urethrae externum und führt nun das stumpfe Ende des Catheters gegen sie, um sie völlig durch die Harnröhre bis in die Blase zurückzubringen. Sollte die Patientin wegen der dabei eintretenden Schmerzen durch heftiges Pressen die Reposition erschweren, so würde man die Narkose benutzen. Die Lage der Kranken ist von keinem erheblichen Belang; indessen kann man durch eine Lagerung, bei der der intraabdominelle Druck gering ist, die Zurückbringung erleichtern und daher die Steiss- rücken- oder bei nicht chloroformirten die Knieellenbogenlage mit Er- folg anwenden. — Um zunächst den Wiedervorfall zu verhüten, könnte der Catheter eine Zeit lang liegen bleiben; allein derselbe macht doch vielen Patientinnen erhebliche Beschwerden. Daher hat man wohl ge- rathen, durch Cauterisation des Blasenhalses und des Orificium vesicale urethrae diese zu erhöhter Contraction zu bringen und so einen stärkeren Widerstand für die gegen sie gedrängte Blasenwand zu bewirken. Dieses Mittel ist jedoch minder sicher und unangenehmer als von der Scheide aus durch den Colpeurynter oder einige Wattetampons oder die Schatz- schen Pessarien gegen Incontinentia urinae den Blasenhals zur Contraction zu bringen. Treten dennoch häufig Recidive ein, so müsste durch ener- gisch adstringirende Einspülungen in die Blase deren Erschlaffung be- seitigt werden. — Weinlechner will ein Wiederheraustreten der Blase bei seiner 9 Monate alten Patientin durch Heftpflastertouren ver- hütet haben. — Zu einer operativen Beseitigung der Greschwulst dürfte man sich nur dann entschliessen, wenn man sie auf die oben erwähnte Weise als polypöse Schleimhauthyperplasie erkannt hätte. Wie die Ex- stirpation dann zu geschehen hat, wird in Capitel IV besprochen werden.