Die Nerven-Dehnung als Operation in der chirurgischen Praxis : eine experimentelle und klinische Studie / von Paul Vogt.

  • Vogt, Paul, 1844-1885.
Date:
1877
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die Nerven-Dehnung als Operation in der chirurgischen Praxis : eine experimentelle und klinische Studie / von Paul Vogt. Source: Wellcome Collection.

    85/96 (page 77)
    von Gefässverletzungen und gleichzeitig die Möglichkeit, den Nerv mit Finger und stumpfem Instrument bis zur Beckenhöhle verfolgen zu können. Der Patient wird auf den Bauch gelagert, in der Glutaealgegend das Tuber ischii und die Spitze des Trochanter rnajor mit dem Finger markirt und als Richtungslinie für die Incision eine Linie gewählt, die von der Mitte der Distance zwischen Tuber und Tro- chanter nach der Mitte der Kniekehle gezogen wird. Als Ort inner- halb dieser Linie wählt man die Glutaealfalte, indem man in dieser beginnend die Längsincision in genannter Richtung ca. 10 Ctm. nach abwärts führt. Nach Durchtrennung der Haut und des immer sehr dicken Fettpolsters kommt unter der Fascie der schräge Faserverlauf des M. glutaeus max. zum Vorschein, dessen unteren Rand (es liegt derselbe nicht in der Glutaealfalte, sondern abwärts von ihr, Fig. 10, C) man freilegt. Wird dieser untere Rand nun mit dem Wundhaken nach aufwärts gezogen, so wird innerhalb der Wunde deutlich die langgefaserte Muskelschicht des Biceps femoris, der nach oben und medianwärts sich unter den Glutaeus zieht. Drängt man diese beiden Muskeln nun nach Durchtrennung des Zwischengewebes auseinander, so erkennt man den vertical herabziehenden fingerdicken Strang des N. ischiadicus (Fig. 10, D). Während die Wundränder mit den beiden Muskeln nach oben und unten stark auseinander gehalten werden, wird der Nerv mit dem Haken umgangen, herausgehoben und somit der weiteren Freilegung zugänglich gemacht. Man kann ihn mit Finger und Elevatorium unter dem Glutaeus weit nach aufwärts ver- folgen, so dass man deutlich unter den Rand des M. pyriformis in die Incisura ischiadica Vordringen kann. Wir kommen also von dieser Stelle aus wohl meist so weit, wie eine Lockerung des Nerven behufs weiterer Dehnung überhaupt erforderlich ist, und brauchte wohl nur, wenn direct die Durchtrittsstelle aus der Incisura ischia- dica visitirt werden müsste, die Freilegung des Nerven an dieser durch den in der Mitte des Gesässes geführten Schnitt bevorzugt werden und dann in der Weise verfahren werden, wie es die refe- rirten Operationen vonBillroth und v. Nuss bäum ergaben. Ent- nimmt man aus der ersteren die naheliegende Möglichkeit der Eiter- senkung unter dem Glutaeus an der Nervenumhüllung entlang nach dem Oberschenkel, so wird auch hierin ein neues Moment zur Be- vorzugung der von uns angegebenen Stelle gewonnen sein. Nach Einlegung einer Drainage bis in den am weitesten aufwärts gelege- nen Punkt in der Wundköhlc ist hier der Senkung leicht vorgebeugt.