Die Nerven-Dehnung als Operation in der chirurgischen Praxis : eine experimentelle und klinische Studie / von Paul Vogt.

  • Vogt, Paul, 1844-1885.
Date:
1877
Catalogue details

Licence: Public Domain Mark

Credit: Die Nerven-Dehnung als Operation in der chirurgischen Praxis : eine experimentelle und klinische Studie / von Paul Vogt. Source: Wellcome Collection.

    25/96 (page 17)
    geschilderten makroskopischen Befunde auch am mikroskopischen Präparate ähnliche auffallende Unterschiede weder an central noch an peripher gelegenen Partien des Nerven auffinden. Fassen wir diese Befunde, wie sie sich am gedehnten Nerven unmittelbar nach dem Eingriff und in den verschiedenen darauf folgenden Zeiträumen ergaben, zu einem Gesammtbilde zusammen, so sehen wir, dass durch unseren operativen Eingriff der sogenannten Dehnung des Nervenstammes wesentlich eine Verschiebung und Lockerung desselben in seiner Umhüllung in cen- traler und peripherer Ausdehnung erfolgt, die mit einer gleichzeitigen Dehnung und Lockerung der in der Ner- venscheide zum Nerven verlaufenden Gefässe verbun- den ist. Diese letztere bekundet sich im Bilde des injicirten Nerven als starke Schlängelung und Erweiterung der zum Nerven tretenden Gefässe, während eine Aenderung im Verhalten der innerhalb des Nerven erfolgenden Gefässverzweigungen nicht zu erfolgen scheint. Diese auffallende Veränderung findet vorwiegend an den typischen Gefässverbreitungsbezirken des Nerven statt und findet man dieselben sowohl unmittelbar nach dem Eingriffe wie auch der nachfolgenden Zeit. Nach Verlauf mehrerer Wochen haben sich die Veränderungen ausgeglichen und hat in der Zwischenzeit auch theilweise eine Neu- bildung von Gefässen stattgefunden. Wollen wir diesen wahren Effect der Operation auch in der Benennung selbst ausdrücken, so müssten wir den Eingriff statt: Neuro tonie (Nervendehnung) füg- lich als: Neurolysis (Nervenlockerung) und Neurokinesis (Nervenverschiebung) bezeichnen, wobei in der letzten Bezeichnung zugleich die mögliche Beeinflussung der Nervensubstanz selbst mit eingeschlossen ist. Ganz von selbst ergibt sich nun aus diesem Befunde die Be- antwortung der oben gestellten Frage über den Einfluss der Ver- änderung, welche der Nerv im Verhältniss zu seiner Umhüllung er- fährt, auf die Function des Nerven. Wenn zunächst ein Theil 'der Thätigkeit des Nerven nach den Harless’schen Untersuchungen vom Hüllendruck abhängt, so muss bei der erwiesenen Dislocation und Lockerung unzweifelhaft eine Aenderung in der jeweiligen Function gesetzt werden. Müssen wir aber zweitens die Thätigkeit des Nerven als von seinem Ernährungszustände abhängig stellen, so werden die die Ernährung und den Stoffwechsel bedingenden Gefässe der Nerven an erster Stelle in Frage kommen. In diesen wird eine Erweiterung und starke Schlängelung durch die bei der Dehnung erfolgende Aus- dehnung und Lockerung in ihrer Umgebung hervorgerufen; durch. Vogt, Nervendehnung. 2