Die Wanderniere : ein Beitrag zur Pathologie des intraabdominalen Gleichgewichtes ; experimentell-anatomische Studien / von M.M. Wolkow und S.N. Delitzin.

  • Volkov, M. M. (Mikhail Matveevich), 1861-1913.
Date:
1899
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Credit: Die Wanderniere : ein Beitrag zur Pathologie des intraabdominalen Gleichgewichtes ; experimentell-anatomische Studien / von M.M. Wolkow und S.N. Delitzin. Source: Wellcome Collection.

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    der xVufstelJung- eines besonderen Schemas des iniraabdominalen Gleichgewichtes (Cap. XII). Vom Standpunkte dieses Scheraas vermag man sich leicht eine Vorstellmig zu verschaffen von der Bedeutung, welche verschiedene Störungen der einzelnen Faktoren des intra- abdominalen Gleichgewichtes, wie z. B. Erschlaffung der vorderen Bauchwand, tLängebauch, Ascites, plötzliche Entleerung der Bauchhöhle (Geburtsakt), Prolapse, Hernien, Entero- ptosen, Veränderungen der Schwere der einzelnen Organe u. s. w. für die Pathogenese der beweglichen Niere haben können. Ein zweiter, passiver oder anatomischer Faktor der Nierenfixation besteht in Besonderheiten der Anordnung jenes Theiles der hinteren Bauchwand, an welchem die Nieren ihre Lage haben und dem entlang sie in Fcällen von Beweglichkeit dahingleiten müssen. Wir haben insbesondere unsere Aufmerksamkeit gerichtet auf jene gewölbeartigen Nischen, welche zu beiden Seiten der Wirbelsäule sich vorfinden, auf die von uns soge- nannten „paravertebralen Nischen, in deren Tiefe die Nieren ruhen. Durch Anfertigung negativer Gypsabgüsse dieser Nischen vermochten wii' nachzuweisen, dass die paraverte- bralen Nischen an verschiedenen Leichen eine verschiedene Konfiguration besitzen und dass anomale Beschaffenheit, sozusagen Insufficienz der letzteren in unmittelbarem Zu- sammenhange steht mit Beweglichkeit der Nieren (Cap. XXVII). Anomale Verhältnisse („Insufficienz'') der paravertebralen Nischen sind wir geneigt, mit grosser AVahrscheinlich- keit alg angeborenen Mangel des Körperaufbaues hinzustellen. Die erbliche Uebertragung der Nierenbeweglichkeit und das Vorkommen anderer konstitutioneller Anomalien bei der- selben erhöht die Wahrscheinlichkeit dieser Annahme. Bei der weiteren Untersuchung der paravertebralen Nischen konnten wir auf Grund- lage eigener Messungen am Kadaver und durch Vergleichung mit den bildlichen Darstel- lungen Pirogoff's die Ueberzeugung gewinnen, dass eine gewisse Korrelation vorhanden ist zwischen der Form der paravertebralen Nischen und den äusseren Konturen des Kör- pers, und zwar den Profilen der Lendengegend. Indem wir unsere Aufmerksamkeit auf diese Seite der Frage concentrirten, vermochten wir in der That wiederholt schon auf den ersten Blick an der Lendengegend mit Sicherheit zu errathen, ob im gegebenen Falle pal- pable Nierenbeweglichkeit vorliegt oder nicht. Das war im Ganzen der logische Gang unserer Untersuchung. Wir glauben, dies schon hier vorauschicken zu sollen, um den Leser in das genauere Studium des Buches einzuführen. Das Endresultat unserer Untersuchungen können wir folgendermaassen formuliren: Die Nierenbeweglichkeit wird bedingt durch eine gewisse anatomische Insufficienz des Organismus, eine Insufficienz, welche zweifellos einen kongenitalen Ciiarakter besitzt. Zu Tage tritt Beweglichkeit der Nieren kraft dieser oder jener Störung des intraabdomi- nalen Gleichgewichtes. Von wesentlicher Bedeutung ist daher nicht die Anomalie selbst, sondern die sie hervorrufenden Ursachen. Dislokation der Nieren infolge von Störung des intraabdominalen Gleichgewichtes wird aber erst möglich infolge von Besonderheiten der Fixation der Nieren, welche sowohl normale Verschiebungen (die von uns so genannte absolute und respiratorische Verschieblichkeit), als auch solche unter pathologischen Ver- hältnissen gestatten.