Beiträge zur Pathologie und pathologischen Anatomie des Centralnervensystems : mit Bemerkungen zur normalen Anatomie desselben / von Arnold Pick.

  • Pick, Arnold, 1851-1924.
Date:
1898
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Credit: Beiträge zur Pathologie und pathologischen Anatomie des Centralnervensystems : mit Bemerkungen zur normalen Anatomie desselben / von Arnold Pick. Source: Wellcome Collection.

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    Sinne wird man wohl für diese Frage vernachlässigen düi'fen; eine darauf hin zu richtende Untersuchung musste von vornherein wegen des Intelhgenzniveaus des Kranken als aussichtslos erscheinen. Dagegen wird man die geringe geistige Initiative unseres Kranken, die Willen- losigkeit im Sinne Wernike's, wohl auf die Mangelhaftigkeit der ihm zufliessendeu Sinneseindrücke beziehen dürfen; zieht man in Betracht, class dem Kranken all' die an ihm vorüberziehenden Gesichts- eindrücke — und diese kommen ja zunächst in Betracht — der unterscheidenden Züge entbehren — es wird schwer sein, sich über die Art seiner Sinneseindrücke eine Vorstellung zu machen —, hat man gesehen, wie er, wenn auf dem Gange Aerzte und Kranke an ihm vorüberkommen, mit gespannter Aufmerksamkeit auf Gehörs- eindrücke förmlich lauert, und sobald er einen solchen erhascht, nun alsbald eine nicht geringe geistige Regsamkeit entwickelt, dann wird man unserer Deutung wohl zustimmen; eine gewisse Analogie dazu bot der seelenblinde Kranke Gogol's (Breslauer Dissert. 1873 S, 9), von dem es heisst: „Der Kranke gleicht einem klugen Hunde, der seinen redenden Herrn anblickt, aber erst auf eine bezeichnende Handlung dessen Aufforderung nachkommt. Ein weiterer Vergieichsfall ist der erste der von Müller (Arch. f. Psych, XXIV) mitgeteilten; bemerkenswert ist zunächst, dass auch diese Kranke klagt, dass sie (1, c. p. 857) nichts mehr sieht und auch in ihrem Verhalten den Eindruck einer Blinden macht, ähnlich wie unser Schwadisch: da ihre sensible Identi- fication ungestört, greift sie immer nach den vorgezeigten Gegen- ständen, während Schwadisch nicht selten blos daran herum- schnuppert. Der Fall M ü 11 e r's zeigt, dass Rabus jedenfalls zu sehr generalisiert und in seinen Deutungen zu weit geht, wenn er von seinem Kranken sagt: „Wider Erwarten selten nahm Pat nur zur Erkennung andere Sinnesorgane z. B. seinen Tastsinn in Anspruch. Den zu prüfenden Gegenstand drehte er zwar oft lange in der Hand herum, aber ein eigentliches Befühlen und Betasten, wie man es bei Blinden sieht, fand nicht statt. Es kommt eben das störende Moment zur Geltung, dass die Gegenstände immer noch mit den Augen wahrgenommen werden, weswegen die Patienten immer wieder durch ihren Gesichtssinn sich über die Gegenstände zu orientieren versuchen. Obzwar ich, wie gesagt, dieser Deutung nicht zustimmen kann, zeigte Schwadisch doch auch etwas Aehnliches und zwar im Gehörssinne; es ist mir nicht erinnerlich, dass er zur Erkennung von Objecten jemals spontan versucht hätte, seine doch ungestörte Iden- tification im Gebiete dieses Sinnes heranzuziehen. Müller (1. c. S. 894) bespricht gleichfalls an der Hand z. T. eigener Beobachtungen das psychische Verhalten von Fällen mit Seelenblindheit höheren Grades; als Folge des massenhaften Ein- wirkens fremder Gesichtseindrücke, und durch den Verlust des Orts- Sep.-Abdr. a. d. Ztschr. f, Psych, vi. Physiol. der Siimesorg. 1897, S. 84) nach- gewiesen hat, dass die Grundlage der bei ihm zu beobachtenden Erscheinungen eine „eigentümliche allgemeine Schwäche in der Eeproduction von Erinnerungs- vorstellungen ist; auf eine Diskvission der aus diesem Gregensatze etwa zu ziehenden Schlussfolgerungen muss ich hier wohl Verzicht leisten.